Meine Radierungstechnik

Zur Radierungstechnik im Allgemeinen und meiner eigenen Vorgehensweise

"Das Leben in der Natur gibt die Wahrheit der Dinge zu erkennen. Die Kunst steckt in der Natur, und wer sie herausreißen kann, der hat sie." (Albrecht Dürer)

Radieren kommt von lateinisch "radere", d.h. kratzen, schaben. In eine vorbehandelte Platte aus Kupfer oder Zink wird mit einer Nadel eine Zeichnung eingraviert. Diese Technik kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Von Dürer über Parmigiano, Rembrandt, Goya haben sich bis ins 20. Jahrhundert hin zu Wilhelm Nay, Hans Härtung und Horst Jansen immer wieder Künstler mit der Radierung auseinandergesetzt.

Zu Beginn gab es noch keine Ätztechnik. Die Linien und Punkte wurden direkt in das Metall hineingestochen, was mit großem Kraftaufwand verbunden war und der Feinheit und Viefalt der Ausdrucksmöglichkeiten Grenzen setzte. Wo auf malerische Elemente wie flächige Farbtönungen verzichtet wird und und es um die Zeichnung geht, wird dieses Verfahren auch heute noch angewandt, man spricht dann von Kaltnadelradierung.

Später wurde das Verfahren durch Ätzung verfeinert. Dabei wird die Platte zunächst mit einem lackähnlichen Ätzgrund überzogen, in den man dann die Zeichnung ohne Kraftaufwand hineinritzt. Anschließend werden die freigelegten Stellen in einem Säurebad (Eisenclorid bzw. Salpetersäure) beätzt. Geht es um die reine Zeichnung, so belässt man es bei diesem, Strichätzung genannten, Verfahren, die das erste Stadium jeder Radierung bildet1). Nach Entfernung des Ätzgrundes werden die entstandenen Ritzungen eingefärbt und mittels einer Presse auf befeuchtetes Papier gedruckt.

Schließlich gibt es noch eine weitere Verfeinerung des Verfahrens, die sogenannte Aquatintatechnik. Sie ermöglicht es, neben dem Punkt und der Linie auch die Fläche darzustellen. Dabei geht man wie folgt vor Nach der Strichätzung deckt man die Flächen, die gar nicht geätzt werden sollen, mit dem Ätzgrund ab. Diese Flächen sind nach dem Druck die hellsten und tragen bei zu einer harmonischen Wirkung der Radierung im ganzen, die sonst dunkel und unscheinbar geriete. Der zweite Schritt besteht im vorsichtigen Einsprühen von Teilflächen der Platte mit Sprühlack2), wobei eine Totalabdeckung vermieden werden muss, was an der entstehenden Körnung des Lacks kontrollierbar ist. Die eingesprühte Fläche wird anschließend wie die vorherige Strichätzung im Säurebad beätzt, wodurch eine rauhe Oberfläche entsteht, die beim späteren Druck zu einer mehr oder weniger starken flächigen Einfarbung führt. In eventuell folgenden Schritten kann dieses Verfahren an Teilflächen wiederholt werden, was zu einer immer stärkeren und je unterschiedlichen Ätztiefe und späteren Farbintensität führt. Bei der Ätzung des tiefsten Farbtons braucht die Platte nicht mehr gedeckt zu werden.

Nach Abschluss der Ätzung wird der Ätzgrund entfernt und es wird eine sorgfältige Kontrolle und Fehlerkorrektur vorgenommen. Undeutliche Linien werden von Hand nachgestochen, fehlende hinzugefügt. Mittels eines Dreikantschabers kann man bestimmte Stellen aufhellen oder sogar einen falschen Strich beseitigen. Zum eventuellen Intensivieren einer Flächenstruktur dient das sogenannte Mezzotintomesser, das mit einer Handbewegung eine Vielzahl von Parallelritzungen bewirkt. Wenn nun die Platte vollständig ausgearbeitet ist, kann ihre Einfarbung beginnen. Mit Wischgaze wird Radierungsfarbe aufgebracht und mit Kraftaufwand in die Ritzungen eingepresst3). Zum Abschluss kommt die eingefärbte Platte zusammen mit befeuchtetem Papier in die Druckpresse und es zeigt sich, ob die mühevollen Arbeiten erfolgreich waren.


1) Dieses Verfahren habe ich bei meiner Kleinen Torfkirche (Islandbilder) angewandt.
2) Eine mögliche Alternative zum Sprühlack bietet zerschmolzenes Kollophonium. Ich bevorzuge aber das präzisere Sprühlackverfahren.
3) Beim Einfärben bevorzuge ich einen weichen Übergang von Farbe zu Farbe zwischen den Teilflächen. Da ich andererseits verhältnismäßig tief ätze, bleibt die Schärfe der Zeichnung ohne harte Abtrennung der Farbe gewählt. Bei einzelnen Bildern erzeuge ich einen besonderen Effekt durch Einfügen von Tusche.